Kinder können eine von ihren Eltern bewohnte Immobilie steuerfrei erben, wenn sie die Selbstnutzung als Wohnung innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall aufnehmen. Geschieht dies zu einem späteren Zeitpunkt, so entfällt die Steuerbefreiung. Damit soll klargestellt werden, dass solche langfristig wirksamen Maßnahmen nicht „auf die lange Bank“ geschoben werden können.
Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen, insbesondere wenn der Erbe aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war, ist ein steuerfreier Erwerb als Familienheim möglich, entschied der Bundesfinanzhof (BFH) im Juli 2019. Dies war jedoch beim behandelten Fall nicht so – der Kläger musste die gesamten Steuern nachzahlen. Nach einer Auseinandersetzung über das Erbe zwischen dem Kläger und seinem Bruder erhielt der Kläger an einem Zweifamilienhaus schließlich das Alleineigentum. Die Eintragung im Grundbuch erfolgte im September 2015. Angebote von Handwerkern für eine Renovierung des Hauses holte der Kläger dann ab April 2016 ein, begann aber mit den Bauarbeiten erst im Juni 2016. Das Finanzamt (FA) hielt den Erwerb der Immobilie daher für steuerpflichtig, während der Kläger sich auf die benannte Steuerbefreiung berief. Einspruch und Klage blieben erfolglos und der BFH entschied letztlich gegen den Kläger.
Nach Ansicht des BFH gilt eine Handlung nur dann als „unverzüglich“, wenn sie innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungszeit vorgenommen wird. Zur Erlangung der Steuerbefreiung für ein Familienheim nach dem Erbfall muss die Absicht zur Selbstnutzung des Hauses erkennbar gefasst und tatsächlich auch umgesetzt werden. Angemessen sei regelmäßig ein Zeitraum von sechs Monaten nach dem Erbfall, so die Richter. Zieht der Erwerber innerhalb dieses Zeitraums in die Wohnung ein, kann davon ausgegangen werden, dass eine unverzügliche Bestimmung der Wohnung zur Selbstnutzung als Familienheim vorliegt.
Wird die Selbstnutzung der erworbenen Immobilie erst nach Ablauf von sechs Monaten aufgenommen, kann ebenfalls eine unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung vorliegen. Allerdings muss der Erwerber in dem Fall unmissverständlich nachweisen, zu welchem Zeitpunkt er sich zur Selbstnutzung der Wohnung für eigene Wohnzwecke entschlossen hat – und vor allem aus welchen Gründen ein tatsächlicher Einzug in die Wohnung nicht früher möglich war und warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat.
Da im konkreten Fall der Kläger erst mehr als zwei Jahre nach dem Todesfall und mehr als sechs Monate nach der Eintragung im Grundbuch Angebote von Handwerkern eingeholt und damit überhaupt erst mit der Renovierung begonnen, sowie vor allem keine Gründe für diese Verzögerung vorgetragen hat, wies der BFH die Klage ab.
Urteil des Bundesfinanzhof vom 28.5.2019; AZ – II R 37/16 –
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