Der Erwerb eines Pkw zur langfristigen Vermietung an freiberuflich tätige Ehegatten kann eine unternehmerische, also wirtschaftliche Tätigkeit begründen. Daraus ergibt sich dann auch ein ganz normaler Abzug von Vorsteuer. Der Bundesfinanzhof hat dazu in einem Urteil vom September 2022 denn auch entschieden, dass der Vorsteuerabzug des Vermieters eines Pkw nicht systemwidrig und daher auch nicht missbräuchlich sei. Dies gelte auch bei einer Vermietung unter Ehegatten in jedem Fall für die Vermietung von Pkw, die nicht dem unmittelbaren Familienbedarf dienen.
Wie war zu dieser Situation und der Bewertung gekommen? Die Klägerin war bis 2011 unternehmerisch tätig und verfügte im betreffenden Jahr 2016 über eigenes Vermögen. Ihr Ehemann war als Arzt freiberuflich tätig. Dieser hatte im März 2016 einen Pkw bestellt. Die Klägerin bestellte dann denselben Pkw im April und vermerkte in ihrer Bestellung, dass sie damit den Kaufvertrag ihres Mannes ersetze. Den Kaufpreis von 78.000 Euro bezahlte sie denn auch aus ihrem eigenen Vermögen. Anschließend schloss sie einen Leasingvertrag mit ihrem Ehemann, der den Pkw für 36 Monate zu einer marktüblichen Rate leaste. Laut des Versicherungsscheins blieb die Klägerin auch als weitere Nutzerin eingetragen. Das Finanzamt erkannte den daraufhin von der Klägerin geltend gemachten Vorsteuerabzug in Höhe von etwa 12.500 Euro jedoch nicht an.
Der Bundesfinanzhof folgte der Argumentation der Klägerin und erkannte, dass der vollständige Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des PKW ist nicht systemwidrig sei. Der Systematik des Vorsteuerabzugs entspreche es, dass der Unternehmer zum Abzug berechtigt sei, wenn er steuerpflichtige Ausgangsumsätze tätigt oder zu tätigen beabsichtige. Da zum Beginn einer unternehmerischen Tätigkeit gewöhnlich erhebliche Anschaffungen erforderlich seien, während noch keine oder nur geringe Ausgangsumsätze erzielt werden, läge ein Vorsteuer-Überhang in der Anfangsphase in der Natur der Sache. Dies gelte umso mehr in Vermietungsfällen.
Auch handele es sich hier nicht um ein Scheingeschäft: Der Leasingvertrag wurde mit seinen Hauptpflichten (Nutzungsüberlassung, Zahlung der Leasingraten) und damit im Wesentlichen so wie vereinbart auch tatsächlich durchgeführt. Da die Pkw-Überlassung mit dem Leasingvertrag auf einer besonderen Vereinbarung beruhe, läge auch keine Nutzungsüberlassung auf familienrechtlicher Grundlage vor.
Das Auto sei klar erkennbar nicht als „Familien-Pkw“ für den Haushalt oder für den Unterhalt der Familienangehörigen erworben worden, sondern für die unternehmerische Weitervermietung (eben das Leasing) an den freiberuflich tätigen Ehemann.
Urteil des Bundesfinanzhof vom 29.9.2022; AZ – V R 29/20 –
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