Nachträgliche Berichtigung: Wenn das Finanzamt nicht richtig arbeitet, geht das nicht zu Lasten des Steuerzahlers

Ein durchaus überraschender Vorgang: Ein Steuerpflichtiger verdient mehr als 128.000 Euro in einem Jahr, erklärt diese Einkünfte ordnungsgemäß seinem Finanzamt, muss aber im Ergebnis keine Einkommensteuer zahlen. Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom Januar 2020 entschieden, dass ein bestandskräftiger Steuerbescheid nicht mehr nachträglich berichtigt werden kann, wenn die fehlende Erfassung der ordnungsgemäß erklärten Einkünfte trotz ergangener Prüf- und Risikohinweise im Rahmen eines internen Risiko-Management-Systems nicht auf einem bloßen „mechanischen Versehen“ beruht.

Was war beim Finanzamt passiert? Der Kläger hatte auf dem amtlichen Vordruck Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von mehr als 128.000 Euro erklärt. Beim Einscannen der Unterlagen im Finanzamt wurde die „Anlage S“ zur Einkommensteuererklärung (ohne Vorsatz) übersehen, so dass eine Erfassung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit des Klägers unterblieb. Nach maschineller Überprüfung durch ein Risiko-Management-Systems gingen mehrere Prüf- und Risikohinweise ein, die unter anderem auf Einkünfte – Zitat – „des Ehemanns/der Ehefrau von weniger als 4.200 Euro“ hinwiesen und eine „persönliche Prüfung“ durch Finanzamt-Mitarbeiter des als „risikobehaftet“ eingestuften Falls vorsahen.

Nachträgliche Berichtigung eines Bescheids nur wenn das Finanzamt richtig arbeitet.Die zuständige Sachbearbeiterin bearbeitete zwar diese Prüf- und Risikohinweise, prüfte jedoch nicht, ob die Einkünfte des Klägers zutreffend übernommen worden waren. Erst im Folgejahr wurde der Fehler erkannt und der Einkommensteuerbescheid berichtigt. Das zunächst damit beschäftigte Finanzgericht vertrat denn auch die Auffassung, dass das Finanzamt zur Berichtigung des Einkommensteuerbescheids berechtigt gewesen sei. Der Bundesfinanzhof folgte dem indes nicht und gab dem Steuerpflichtigen recht.

Es seien nur die Berichtigung von Schreibfehlern, Rechenfehlern und ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten (so genannte „mechanische Versehen“) erlaubt, die bei der Bearbeitung eines Verwaltungsaktes unterlaufen können. Das sei jedoch nicht anwendbar, wenn den Sachbearbeitern des Finanzamt ein Tatsachen- oder Rechts-Irrtum unterlaufen ist oder der Sachverhalt mangelhaft aufgeklärt wurde.

In dem verhandelten Fall beruhte der fehlerhafte Einkommensteuerbescheid darauf, dass die zutreffende Höhe der im Bescheid angesetzten Einkünfte nicht aufgeklärt wurde, obwohl aufgrund von Risiko- und Prüfhinweisen Zweifel an der Richtigkeit bestanden – und eine weitere Sachaufklärung auf jeden Fall geboten war. Ein Vorliegen eines bloßen mechanischen Versehens ist damit ausgeschlossen.

Urteil des Bundesfinanzhof vom 14.1.2020 ; AZ – VIII R 4/17 –

Foto: goodluz

Kommentare sind geschlossen.