Wie sind Zahlungen eines Steuerpflichtigen zur Wiederauffüllung seiner Rentenanwartschaft nach durchgeführtem Versorgungsausgleich zu sehen? Es stellt sich nämlich die Frage, ob es sich dabei um vorweggenommene Werbungskosten oder Sonderausgaben handelt. Leisten Steuerpflichtige nach einer Scheidung eine Zahlung, mit der sie ihre infolge des Versorgungsausgleichs geminderte Rentenanwartschaft wiederauffüllen, um deren Alterseinkünfte in ungeschmälerter Höhe zu sichern, so handelt es sich der Rechtsnatur nach um vorweggenommene Werbungskosten.
Das musste auch ein angestellt arbeitender Rechtsanwalt erkennen, der nach seiner Scheidung seine gekürzte Rente wieder auf den alten Stand bringen wollte. Dabei übertrug das Familiengericht seiner Ehefrau von seinen erworbenen Rentenanwartschaften im Wege der internen Teilung ein Anrecht nach Maßgabe der Satzung des Versorgungswerks.
Zur Vermeidung der Kürzungen seiner eigenen Anwartschaften leistete der Kläger eine Wiederauffüllungszahlung von 75.000 Euro, die er als Werbungskosten bei seinen Einkünften geltend machte. Demgegenüber sah das Finanzamt diese Zahlung als Beitrag zur Altersvorsorge an. Da der Höchstbetrag bereits durch laufende Altersvorsorgeaufwendungen in Anspruch genommen wurde, konnten nur 5.000 Euro bei den Sonderausgaben berücksichtigt werden. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Der anschließend angerufene Bundesfinanzhof machte deutlich, dass für die Einordnung einer Geldleistung als Beitrag nicht die formale Bezeichnung im Recht des jeweiligen Versorgungssystems, sondern die steuerrechtliche Qualifizierung entscheidend ist. Bloße Formulierungen in der Satzung eines Versorgungswerks können nicht darüber entscheiden, ob es sich bei einer Wiederauffüllungszahlung an eine Einrichtung der Basisversorgung um einen dem Sonderausgabenabzug unterliegenden Beitrag oder um Werbungskosten handelt.
Der BFH stellte zudem klar: „Da das finanzgerichtliche Verfahren nicht an einem Verfahrensmangel leidet, sind die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen durch die Aufhebung des Urteils nicht weggefallen; sie bilden daher unverändert die Grundlage für die Entscheidung des erkennenden Senats.“ Das Finanzgericht habe zutreffend erkannt, dass es sich bei der vom Kläger an das Versorgungswerk geleisteten Zahlung ihrer Rechtsnatur nach um vorweggenommene Werbungskosten handele.
Wichtig zur Einordnung ist darüber hinaus auch, dass es gilt, Auffüllungszahlungen von Abfindungszahlungen zu unterscheiden, die ein Ausgleichsverpflichteter an den Ausgleichsberechtigten leistet, um so einen Versorgungsausgleich zu vermeiden.
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 11.2.2019; AZ – 9 K 376/18 –
Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.8.2021; AZ – X R 4/19 –
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