In einem Urteil vom März 2023 hat das Oberlandesgericht Sachsen entschieden, dass Sparkassen berechtigt sind, Verwahrentgelte für die Aufbewahrung von Guthaben auf Girokonten von Verbrauchern zu erheben. Diese Entscheidung stützt sich auf Vereinbarungen zwischen Sparkassen und ihren Kunden, in denen die Verwahrung von Guthaben als Hauptleistungspflicht der Sparkasse im Rahmen des Girokontovertrags definiert wird. Daher werde auch eine inhaltliche Überprüfung der Bepreisung dieser Hauptleistung durch Gerichte nicht möglich erachtet.
Der zugrunde liegende Fall betraf die Frage, ob eine Sparkasse Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) nutzen kann, um mit Kunden zu vereinbaren, dass ihr Entgelte für die Verwahrung von Guthaben auf Girokonten zustehen. Im Jahr 2020, während der Niedrigzinsphase, führte die betreffende Sparkasse eine solche Regelung in ihren vorformulierten Girokontoverträgen ein. Die Regelung galt nur bei Neuabschluss eines Girovertrags oder bei einem Wechsel von einem Girokontomodell zu einem anderen. Ab einem Freibetrag von 5.000 Euro wurde ein Entgelt erhoben, das um 0,2 Prozent höher war als der Zins, den die Banken selbst für die kurzzeitige Anlage bei der Europäischen Zentralbank zahlen mussten. Zum damaligen Zeitpunkt hatte die Europäische Zentralbank diesen Zins auf 0,5 Prozent festgelegt.
Das Oberlandesgericht Dresden bestätigte eine frühere Entscheidung des Landgerichts, wonach die strittige Klausel für Verwahrentgelte rechtlich nicht zu beanstanden ist (OLG Dresden vom 18.1.2022; AZ – 8 U 1389/21 –). Da es sich bei der Verwahrung von Guthaben auf Girokonten um eine Hauptleistungspflicht der Sparkasse handele, finde eben keine inhaltliche Überprüfung der Bepreisung durch Gerichte statt. Zudem wurde festgestellt, dass die Klausel klar und transparent formuliert und für den Verbraucher daher nicht überraschend sei. Im konkreten Fall gab es keine Überschneidung mit erhobenen Kontoführungsgebühren.
Die Verbraucherzentrale Sachsen äußerte sich erwartungsgemäß enttäuscht über das Urteil und kündigte Revision gegen die Entscheidung an. Das Oberlandesgericht Dresden ließ die Revision zum Bundesgerichtshof zu. „Auch wenn das Thema Negativzinsen aktuell für die Meisten nicht sonderlich relevant erscheint, wünschen wir uns Rechtssicherheit für die nächste Niedrigzinsphase. Das heutige Urteil ist enttäuschend für den Verbraucherschutz“, erklärte Michael Hummel, Jurist bei der Verbraucherzentrale Sachsen und kündigt eine rasche Revision gegen die Entscheidung an.
OLG Dresden vom 30.3.2023; AZ – 8 U 1389/21 –
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