Risiko von Gestaltungsmissbrauch: Steuerliche Aspekte bei der gegenseitigen Veräußerung von GmbH-Anteilen

Wenn Gesellschafter einer GmbH in Erwägung ziehen Anteile untereinander zu verkaufen, ist es wichtig, die steuerlichen Konsequenzen dieses Vorgangs zu verstehen. Das zeigt ein Urteil des Bundesfinanzhof vom September 2022. In einigen Fällen können solche Transaktionen nämlich als Gestaltungsmissbrauch betrachtet werden, insbesondere wenn der vereinbarte Kaufpreis erheblich unter dem tatsächlichen Wert der jeweiligen Beteiligung liegt.

Der Gewinn oder Verlust bei der Veräußerung von GmbH-Anteilen, die im Privatvermögen gehalten werden, muss steuerlich erfasst werden. Bei einer Beteiligung von mindestens ein Prozent führt dies zu Einkünften aus Gewerbebetrieb, von denen 60 Prozent steuerpflichtig sind.

Gestaltungsmissbrauch: Steuerliche AspekteDer vorliegende Fall verdeutlicht das recht gut: Zwei Gesellschafter einer GmbH, die jeweils 50 Prozent der Anteile besaßen, verkauften ihre Anteile gegenseitig zum Kaufpreis von 12.500 Euro. Der tatsächliche Wert der Beteiligung lag jedoch deutlich höher, da das Eigenkapital der GmbH mehr als 291.000 Euro betrug und der jährliche Gewinn etwa 135.000 Euro erreichte. Die beiden Gesellschafter bezogen zudem ein jährliches Gehalt von jeweils rund 95.000 Euro aus ihrer Geschäftsführertätigkeit.

Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage eines der Gesellschafter ab, der in seiner Einkommensteuererklärung einen Verlust in Höhe von 487.500 Euro geltend machte. Der Verlust wurde nicht anerkannt, da der notarielle Vertrag erst im Jahr 2018 geschlossen wurde. Außerdem wurde der gegenseitige Verkauf als Gestaltungsmissbrauch eingestuft, da der vereinbarte Kaufpreis in drastischer Weise die Wertverhältnisse verfehlte.

Der fehlende wirtschaftliche Hintergrund ergab sich zudem daraus, dass der Kläger bereits fünf Tage vor dem Kaufvertrag den Kaufpreis an den anderen Gesellschafter überwiesen hatte. So ergaben sich klare weitere Anhaltspunkte für den fehlenden wirtschaftlichen Hintergrund der Transaktion. Der Abschluss der Kaufverträge am 27.12.2017 diente offensichtlich lediglich dazu, den Veräußerungszeitpunkt in das Jahr 2017 vorzuverlegen.

Die gegenseitige Anteilsveräußerung, auch „Anteilsrotation“ genannt, wäre jedoch möglicherweise anerkannt worden, wenn der Kaufvertrag im Jahr 2017 notariell beurkundet worden wäre und der Kaufpreis dem tatsächlichen Wert der Beteiligung entsprochen hätte.

Urteil des Bundesfinanzhof vom 20.9.2022; AZ – IX R 18/21 –

Foto: wichayada

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