Urteil: Können Einkünfte aus Kapitalvermögen die Einkommensteuer mindern?

Bei entsprechender Antragstellung ermäßigt sich die Einkommensteuer für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen um 20 Prozent der getragenen Aufwendungen – jedoch maximal um bestimmte Höchstbeträge. Im vorliegenden Fall erzielte die Klägerin Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft, aus einem Gewerbebetrieb, aus Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte. Die Summe der Einkünfte, sowie das zu versteuernde Einkommen, waren negativ. Hingegen erzielte die Klägerin positive Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Auf dieses spezielle Einkommen war ein gesonderter Steuertarif von 25 Prozent anzuwenden. Die für Aufwendungen aus anderen Einkünften geltend gemachte Steuerermäßigung lehnte das Finanzamt allerdings ab. Da eine beantragte Günstiger-Prüfung (Günstiger-Prüfung bedeutet, dass in Fällen, in denen der Steuerpflichtige ein Wahlrecht hat, vom Finanzamt eine Überprüfung durchgeführt wird, mit welcher der möglichen Varianten der Steuerpflichtige besser gestellt ist.) nicht zu einer niedrigeren Steuer führte, wurden die Kapitalerträge nicht in die Ermittlung der tariflichen Einkommensteuer einbezogen. Das hatte zur Folge, dass die tariflich zu versteuernden Einkünfte null Euro betrugen und damit keine Steuerermäßigung nach den Einkommenssteuer-Gesetz. Dies bestätigten sowohl das Finanzgericht wie auch anschließend der Bundesfinanzhof (BFH).

Kapitalvermögen ist für die ESt. anders als andere Einkünfte zu behandeln.In seinem Urteil vom April 2020 stellte der BFH grundlegend klar, dass die tarifliche Einkommensteuer um Steuerermäßigungen zu vermindern sei, und um die Steuern aus Kapitalvermögen zu vermehren. So werde deutlich, dass die auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen entfallende, gesondert zu ermittelnde Steuer nicht der tariflichen Einkommensteuer zugehört, sondern lediglich eine Maßgröße für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer ist.

Somit kommt keine Steuerermäßigung in Betracht, wenn die tarifliche Einkommensteuer wie hier null Euro beträgt. Sie kann deshalb auch nicht als negative Rechengröße in die letztendliche Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer eingehen. Denn negative Rechengrößen kennt das Einkommensteuerrecht bei der Ermittlung der Steuer – anders als bei der Ermittlung der Einkünfte – nämlich nicht.

Der BFH betont im übrigen in seiner ständigen Rechtsprechung den Vereinfachungszweck eines durchgeplanten Besteuerungssystems für Kapitaleinkünfte. Dies bedeutet allerdings auch, dass keine weiteren Abzüge oder Steuerermäßigungen mehr in Anspruch genommen werden können.

Urteil des BFH vom 28.4.2020; AZ – VI R 54/17 –

Foto: chinnarach

 

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