Die sogenannte erweiterte unbeschränkte Schenkungsteuerpflicht verstößt nicht gegen das Grundgesetz und den damit verbundenen Gleichheitssatz. Es handelt sich nicht um eine nachrangige Ausnahme, die einer erhöhten Rechtfertigung bedarf. Sie verstößt auch nicht gegen Unionsrecht, da sie nicht zu einer Verletzung der unionsrechtlichen Kapitalverkehrsfreiheit führt. Dies befand der Bundesfinanzhof in einem Urteil vom Oktober 2022.
Eine Entscheidung darüber, ob eine Personengruppe in den Anwendungsbereich eines Steuergesetzes einbezogen wird, könne nicht nach abstrakten Kriterien getroffen werden. Der Umfang des Steuergegenstands muss jeweils in Ansehung der konkreten Umstände des Steuergegenstands und der betreffenden Vergleichsgruppen erfolgen. Außerdem komme es wesentlich darauf an, inwieweit die Gruppe – um deren Einbeziehung es hier geht – durch Merkmale geprägt ist, die den Steuergegenstand kennzeichnen.
Was war der Anlass des Streites? Der Kläger erwarb von seiner Mutter im Dezember 2011 ein in der Schweiz gelegenes Grundstück gegen eines hinter dem Wert des Grundstücks zurückbleibenden lebenslangen Nutzniessungsrechts nach Schweizer Gesetz. Der Kläger und seine Mutter, die beide deutsche Staatsangehörige waren, hatten vor der Übertragung ihre Wohnsitze in der Bundesrepublik Deutschland aufgegeben und waren im November 2011 in die Schweiz verzogen.
Nachdem die Mutter zwei Jahre später verstarb, setzte der Kläger als deren Alleinerbe das Finanzamt im Rahmen des Erbschaftsteuerverfahrens von dem „schenkweisen“ Erwerb des Grundstücks in Kenntnis. Das Finanzamt setzte daraufhin eine Schenkungsteuer für den Grundstückserwerb fest. Auf den Einspruch des Klägers wurde die Schenkungsteuer 2018 im Hinblick auf eine Neubewertung des Nutzniessungsrechts herabgesetzt – ansonsten blieb der Einspruch ohne Erfolg.
Mit seiner Klage vor dem zuständigen Finanzgericht machte der Kläger im Wesentlichen geltend, dass die erweiterte unbeschränkte Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerpflicht verfassungs- und unionsrechtswidrig sei. Das Gericht wies die Klage jedoch ab. Auch der anschließend angerufene Bundesfinanzhof konnte keine Begründung zu Gunsten des Klägers finden. Unter anderem befanden die Richter, dass der Gesetzgeber eine unbeschränkte Steuerpflicht grundsätzlich ohne verfassungsrechtliche Bedenken an die Staatsangehörigkeit knüpfen dürfe, das sei anerkannt. Im Falle der erweiterten unbeschränkten Schenkungsteuerpflicht komme hinzu, dass der Gesetzgeber diese Steuerpflicht nicht alleine an die Staatsangehörigkeit geknüpft habe, sondern die Steuerpflicht zusätzlich auf einen Zeitraum von fünf Jahren beschränkt, in dem kein inländischer Wohnsitz bestanden hat.
Die erweiterte unbeschränkte Schenkungsteuerpflicht verstoße auch nicht gegen Unionsrecht. Eine Verletzung der unionsrechtlichen Kapitalverkehrsfreiheit sei nicht gegeben. In der Beziehung sei die Rechtslage durch die Rechtsprechung des EuGH auch bereits geklärt.
BFH-Urteil vom 12.10.2022; AZ – II R 5/20 –
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