Zumindest die Einleitung von Maßnahmen zur Nutzbarmachung eines denkmalgeschützten Objekts für die Öffentlichkeit „kurze Zeit“ nach Kenntnis des Erwerbs ermöglicht eine 85%-ige Steuerbefreiung nach dem Erbschaftssteuergesetz. Tatsächlich ist die Steuerbefreiung im Gegensatz zum bisher geltenden Erbschaftssteuerrecht von 60 auf 85% erhöht. Das ergibt sich aus einem Urteil des Finanzgericht Münster zur Erbschaftssteuer vom August 2022.
Der konkrete Fall verdeutlicht die Argumentation recht gut: Der Ehemann der Klägerin verstarb 2013 und die Tochter wurde Alleinerbin. Allerdings war sie aufgrund von letztwilligen Verfügungen mit Vermächtnissen und Auflagen zugunsten der Klägerin belastet. Dadurch entstanden zwischen der Klägerin und der Alleinerbin diverse Streitigkeiten. Doch Ende 2015 konnte ein Erbvergleichsvertrag vereinbart werden, wobei die Klägerin ein Grundstück erhielt, die mit einem unter Denkmalschutz stehenden Friesenhaus aus dem 17. Jahrhundert bebaut war. Die Klägerin wollte daraufhin Führungen durch das Haus anbieten und nahm deshalb im Mai 2016 Kontakt mit dem örtlichen Tourismusbüro auf. Doch entsprechende Verhandlungen mit dem Heimatverein scheiterten im Jahr 2017.
Die Klägerin wollte dafür u.a eine Befreiung von der Erbschaftssteuer erlangen. Sie begründete dies damit, dass die Nutzbarmachung für Zwecke der Volksbildung beabsichtigt sei. Doch das Finanzamt verweigerte die Steuerbegünstigung aufgrund fehlender Zeitnähe der begünstigten Nutzung zum Erbfall.
Führungen durch das Friesenhaus können nun seit Januar 2019 tatsächlich gebucht werden. Die Klägerin beantragte erneut die Gewährung der Steuerermäßigung, was vom Finanzamt auch diese Mal wegen fehlender Zeitnähe abgelehnt wurde. Doch die Klage beim Finanzgereicht Münster hatte Erfolg und die Steuerbefreiung anerkannt.
Es zeigt sich, dass Baudenkmäler über die Erbschaftssteuer hinaus auch generell steuerlich interessant sind: Nach der Vollsanierung einer als Baudenkmal anerkannten Immobilie bei Eigennutzung über einen Zeitraum von zehn Jahren können jährlich neun Prozent der entstandenen Kosten als Sonderausgaben bei der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden. Der Fiskus beteiligt sich somit im Ergebnis zu 90 Prozent am Sanierungsaufwand. Gerade die bei historischer Bausubstanz oftmals intensiven Erhaltungsaktivitäten können in gleicher Weise steuerlich abgesetzt werden.
Finanzgericht Münster, Urteil vom 19.8.2022; AZ – 3 K 2935/20 Erb –
Foto: Frank Wagner