Oft geht es um Feinheiten und Nuancen, die auf den ersten Blick nicht so offensichtlich sein mögen. So auch im vorliegenden Fall um Negativzinsen, der damit begann, als das klagende Land mit der Rechtsvorgängerin der beklagten Bank einen Vertrag abschloss, der als „Darlehen“ bezeichnet wurde. Nach der Überweisung der Darlehenssumme stellte der Kläger der Beklagten fünf gleichlautende Schuldscheine aus, jeweils im Wert von 20.000.000 Euro. Soweit ein normaler Vorgang.
Es entstand jedoch später ein Streit, als sich nämlich ab März 2016 unter Anwendung der Zinsformel ein negativer Wert ergab. Dies führte zu einer Summe von über 158.000 Euro am Ende der Laufzeit. Der Kläger argumentierte, dass die Beklagte die Zahlung von „Negativzinsen“ schuldig war, da in den Schuldscheinen zwar eine Zinsobergrenze, jedoch keine Zinsuntergrenze vereinbart worden war.
So kam es schließlich zu einer rechtlichen Auseinandersetzung, die schließlich vor dem Bundesgerichtshof landete. Dieser lehnte die Revision ab und kam zu dem Schluss, dass Zinsen – im rechtlichen Sinne als Entgelt für den Gebrauch von zeitweise überlassenem Kapital – nicht negativ werden können.
Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom Mai 2023 basiert auf dem Grundgedanken, dass ein Darlehensgeber nicht zur Zahlung von Negativzinsen an den Darlehensnehmer verpflichtet ist, wenn der Referenz-Zinssatz unter Null fällt. Dies steht im Einklang mit der Grundannahme, dass Zinsen ein Entgelt für die Nutzung von zeitweise überlassenem Kapital sind und daher auch nicht negativ sein können.
Die Schlussfolgerung der Richter basierte dabei auf einer normativen Interpretation des Paragraph 488 Abs. 1 BGB, wonach der Zins eine definitorische Untergrenze von null Prozent hat.
Dieses Urteil betont darüber hinaus die Notwendigkeit der Verständlichkeit und Klarheit von Vertragsbedingungen. Im Falle der beklagten Bank stellte das Gericht klar, dass diese nicht zur Zahlung der rechnerisch ermittelten Negativzinsen verpflichtet sei. Die Richter machten so deutlich, dass das Fehlen einer ausdrücklichen Zinsuntergrenze in der Zinsklausel aufgrund der vertragstypischen Pflichten eines Darlehensvertrages auch keine Zinszahlungspflicht des Darlehensgebers bedeutet.
Die Auslegung der Zinsklausel unterstreicht noch einmal klar das Grundprinzip, dass der Darlehensnehmer, und nicht etwa der Darlehensgeber, eine Zinszahlungspflicht hat. Das Gericht wies darauf hin, dass das Äquivalenzprinzip nicht dazu verwendet werden kann, die Wertigkeit von Leistung und Gegenleistung neu zu bestimmen.
Kurz und bündig: Zins im Rechtssinn ist Entgelt für den Gebrauch von zeitweise überlassenem Geld und kann nicht negativ werden
Bundesgerichtshof, Urteil vom 9.5.2023; AZ – XI ZR 544/21 –
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