Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat im September 2021 entschieden, dass eine Arztpraxis / Gemeinschaftspraxis insgesamt als Gewerbebetrieb einzustufen ist, wenn die Arbeitsteilung unter den freiberuflich tätigen Ärzten nicht gleichwertig ist. Damit würde diese Praxis folgerichtig auch gewerbesteuerpflichtig. Das kann besonders dann passieren, wenn einer der Ärzte für die Organisation, Verwaltung und Leitung der Praxis zuständig ist und nur noch in geringem Umfang eigene ärztliche Beratungs- und Behandlungsleistungen am Patienten erbringt.
Die Klägerin ist eine in Rheinhessen ansässige Partnerschaftsgesellschaft, in der sich mehrere approbierte Zahnärzte zur gemeinsamen Ausübung der zahnärztlichen Behandlung von Privat- und Kassenpatienten zusammengeschlossen haben. Im Streitjahr erzielte die Arztpraxis Umsatzerlöse von rund 3,5 Millionen Euro, wovon nur etwa 900 Euro auf einen der Seniorpartner entfielen, der hauptsächlich für die Organisation, Verwaltung und Leitung der Praxis zuständig war. Nach einer Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Einkünfte der Gemeinschaftspraxis nicht mehr als freiberuflich, sondern als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren seien. Denn bei einer freiberuflichen Personen- oder Partnerschaftsgesellschaft müsse jeder Gesellschafter die Merkmale selbständiger Arbeit in eigener Person erfüllen.
Das Finanzgericht hat die Klage der Ärzte abgewiesen. Bei einer Gemeinschaftspraxis – so das Gericht – müsse jeder der Gesellschafter in eigener Person die Hauptmerkmale des freien Berufes erfüllen, und nicht nur über die persönliche Berufsqualifikation verfügen. Dabei müsse die Tätigkeit durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung geprägt sein. Diese Tätigkeit könne nicht, auch nicht durch eine besonders intensive, leitende Tätigkeit ersetzt werden, wie etwa sie bei der Organisation des Sach- und Personalbereichs, Arbeitsplanung, Aufsicht über Mitarbeiter und deren Anleitung sowie die stichprobenweise Überprüfung der Ergebnisse anfällt. Grundsätzlich sei allerdings eine gewisse Arbeitsteilung innerhalb einer gemeinschaftlichen betriebenen Arztpraxis bei „Teamarbeit“ unschädlich.
Das Hauptargument allerdings, warum es sich um einen Gewerbe-Betrieb handele, sei eben, dass sich jeder Gesellschafter kraft seiner persönlichen Berufsqualifikation an der Teamarbeit im arzttypischen Heilbereich beteiligen müsse. Übernehme jemand nur kaufmännische Leitungs- oder sonstige Managementaufgaben, sei dies nicht freiberuflich, sondern gewerblich einzuschätzen. Dies führe dazu, dass letztlich die gesamte Tätigkeit der Gemeinschaftspraxis als gewerblich anzusehen sei. Die Tätigkeit des gewerblich tätigen Arztes „infiziere“ die Tätigkeit der freiberuflichen Ärzte.
Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.4.2022 ; AZ – 4 K 1270/19 –
Foto: contrastwerkstatt