Kindergeld für EU-Ausländer unterliegt unter Umständen keinerlei Sperrfrist

Ziehen EU-Ausländer von einem Staat in den anderen, was ihnen ja nach EU-Recht zusteht (Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern), so wird bei Sozialleistungen jedoch unter Umständen eine mehrmonatige Sperrfrist angelegt. Dies gilt wie hier im konkreten Fall etwa beim Kindergeld, wenn Antragssteller selbst nicht erwerbstätig sind. Das Finanzgericht Münster entschied im Dezember 2020 zu Gunsten einer Antragstellerin, die in Form eines Familienzusammenschlusses aus Bulgarien zu ihrem Ehemann zog, der bereits mehrere Monate in Deutschland lebte und einer Vollzeitbeschäftigung nachging.

Die Familienkasse lehnte den Kindergeldantrag der Frau ab, woraufhin diese Klage erhob. Das Kindergeld für ihre beiden Kinder sollte für die ersten drei Monate nicht gezahlt werden, da die Klägerin keine laufenden inländischen Einkünfte erzielt habe. Ab dem vierten Monat erhielt die Antragstellerin ganz normal Kindergeld.

Kindergeld unterliegt für zugezogene EU-Bürger nicht zwingend einer SperrfristDas Finanzgerichts gewährte der Klägerin auch für die ersten drei Monate Kindergeld. Die vorgesehene dreimonatige Sperrfrist ab Gründung eines Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts im Inland greife im konkreten Streitfall nicht. Für die Begründung eines Wohnsitzes sei auch ein fiktiver Familienwohnsitz ausreichend. Und genau einen solchen fiktiven Wohnsitz habe die Antragstellering bereits vor ihrem Zuzug nach Deutschland gehabt, da ihr Ehemann hier gewohnt und gearbeitet habe.

Laut Gericht handele es sich nicht eine unangemessene Inanspruchnahme. Dieses Verständnis entspreche auch durchaus dem Zweck einer solchen Sperrfrist – das ja das deutsche Sozialsystem vor einer unangemessenen Nutzung schützen soll und zudem eine Anreizwirkung des Kindergeldes für einen Zuzug nach Deutschland zu vermeiden. Dieser Zweck könne nicht erfüllt werden, wenn bereits vor dem Zuzug ein inländischer Kindergeldanspruch bestanden habe.

Der Anspruch der Ehefrau bestehe dadurch, dass Deutschland wegen der Erwerbstätigkeit des Ehemannes vorrangig zuständig sei und somit auch kein bulgarischer Kindergeldanspruch bestehe. Was auch folgerichtig einen Anspruch der Klägerin nicht etwa auf ein vermindertes Differenzkindergeld begrenze.

Eine Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Urteil des FG Münster vom 10.12.2020; AZ – 8 K 2975/20 Kg –

Foto: Stockfotos-MG

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