Arbeitnehmer können mit ihrem Arbeitgeber zusätzlich zum Arbeitsvertrag noch weitere rechtliche Beziehungen unterhalten, bzw. Verträge eingehen, die über den Arbeitslohn hinausgehen. So kann der Arbeitgeber etwa ein Darlehen gewähren, (Lager-)Räume vermieten oder auch einen Werbevertrag abschließen. Das Werbeentgelt, die Miete oder Zinsen sind steuerlich zu prüfen und zu sehen, welcher Einkunftsart entsprechende Zahlungen zuzuordnen sind und ob sie überhaupt der Einkommensteuer unterliegen.
Erhält also ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber Geld dafür, dass er an seinem privaten Kfz einen Kennzeichenhalter mit einem Werbeschriftzug des Arbeitgebers anbringt, stellt die Zahlung steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Das gilt allerdings nur, wenn dem Werbemietvertrag, den der Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber abgeschlossen hat, kein eigenständiger wirtschaftlicher Gehalt zukommt. Der wirtschaftliche Gehalt kann insbesondere dann fehlen, wenn sich das Entgelt nicht am Werbeeffekt, sondern an einer steuerlichen Freigrenze orientiert.
Die Klägerin war Arbeitgeberin und schloss mit einer Vielzahl von Arbeitnehmern einen „Mietvertrag Werbefläche“ ab. Sie stellte ihren Arbeitnehmern jeweils einen mit ihrem Werbeschriftzug versehenen Kennzeichenhalter zur Verfügung, den die Arbeitnehmer auf ihrem eigenen Kfz anbringen sollten. Hierfür zahlte sie jährlich 255 Euro. Das Finanzamt behandelte die Zahlung als Arbeitslohn und nahm die Klägerin für die nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer durch einen Lohnsteuer-Haftungsbescheid in Anspruch. Das wollte die Arbeitgeberin aber nicht hinnehmen.
Der Bundesfinanzhof ging in seinem Beschluss vom Juni 2022 jedoch ebenfalls von Arbeitslohn aus und wies die Klage mit diesen Argumenten ab:
Arbeitslohn läge vor, wenn die Zahlung durch das Dienstverhältnis veranlasst wäre, also als Gegenleistung für eine Arbeitsleistung erbracht wird. Hingegen läge kein Arbeitslohn vor, wenn die Zahlung auf einer anderen Rechtsbeziehung beruht. Welche der beiden Fallgruppen greift, könne nur aufgrund einer Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls entschieden werden.
Im vorliegenden Fall wurde deutlich, dass die Einnahmen durch das Dienstverhältnis veranlasst waren und nicht durch einen wie immer gearteten Werbemietvertrag. Außerdem orientiere sich das vereinbarte Jahresentgelt von 255 Euro erkennbar an der steuerlichen Freigrenze für sonstige Einkünfte, die 256 Euro beträgt.
Aus Sicht der Klägerin und ihrer Arbeitnehmer wäre eine Zuordnung zu den sonstigen Einkünften vorteilhaft gewesen. Denn dann hätte die Freigrenze von 256 Euro gegolten, die nicht überschritten worden war – die Zahlung der Arbeitgeberin wäre dann tatsächlich steuerfrei gewesen.
Beschluss des Bundesfinanzhofes vom 21.6.2022; AZ – VI R 20/20; NWB –
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