Der Kläger im vorliegenden Fall ist ausgebildeter Fachkrankenpfleger für Krankenhaushygiene und als selbstständige Hygienefachkraft tätig. Seine Leistungen erbringt er unter anderem gegenüber Krankenhäusern, Altenheimen und Pflegezentren. Dazu gehören außerdem die Schulung, Beratung und Fortbildung des Personals. Gegenüber Alten- und Pflegeeinrichtungen erbrachte Leistungen einer selbstständigen Hygienefachkraft sind von der Umsatzsteuer befreit. Dies hat das Finanzgericht Münster im Juni 2021 entschieden.
Warum war es zur Klage gekommen? Das Finanzamt behandelte die gegenüber Krankenhäusern erbrachten Leistungen des Klägers zwar als umsatzsteuerfrei, unterwarf jedoch die gegenüber Alten- und Pflegeheimen erbrachten Leistungen der Besteuerung. Mit seiner Klage wollte der Kläger eine vollständige Freistellung seiner Umsätze erreichen, da Altenheime im Hinblick auf Hygienestandards Krankenhäusern gleichzustellen seien.
Das Finanzgereicht in Münster hat seiner Klage stattgegeben. Die streitigen Leistungen fielen zwar nicht unter eine nationale Befreiungsvorschrift des Umsatzsteuer-Gesetz – den für eine Einordnung als Heilbehandlungen erforderlichen unmittelbaren Bezug zu einer Behandlungstätigkeit in Krankenhäusern oder anderen medizinischen Einrichtungen konnte nicht nachgewiesen werden. Hinzu komme jedoch auch, so das Gericht, dass die Alten- und Pflegeheime keine häusliche Pflege erbracht hätten bzw. der Kläger seine Leistungen nicht unmittelbar gegenüber den Heimbewohnern erbracht habe.
Die streitigen Leistungen sind aber letztlich klar zuzuordnen, wonach eng mit der Betreuung oder Pflege hilfsbedürftiger Personen verbundene Leistungen steuerfrei sind. Diese EU-Vorschrift sei nicht vollständig in nationales Recht umgesetzt worden, sodass der Kläger sich tatsächlich unmittelbar hierauf berufen könne.
Die Hygieneleistungen seien eng mit den der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit zugehörigen Umsätzen der Alten- und Pflegeheime verbunden, da gerade dort die Einhaltung hygienischer Anforderungen unerlässlich sei, was insbesondere während der noch andauernden Corona-Pandemie mehr als deutlich sei. Gerade Bewohner dieser Einrichtungen seien besonders anfällig für Infektionen und damit besonders schutzbedürftig, so die Richter.
Der Kläger sei auch als Einrichtung mit sozialem Charakter anzuerkennen, da sein Tätigkeitsbereich durch spezifische Vorschriften sowie durch Empfehlungen der beim Robert-Koch-Institut eingerichteten Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention geregelt und die Tätigkeit von überragendem Gemeinwohlinteresse sei.
Finanzgericht Münster, Urteil vom 01.06.2021; AZ – 15 K 2712/17 U –
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