Zwei zeitlich und inhaltlich zusammenhängende Ausbildungsabschnitte können auch dann zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammengefasst werden, wenn das Kind sich nach dem Ende des ersten Ausbildungsabschnitts umorientiert und seine Ausbildung anders als ursprünglich geplant fortsetzt. Womit in dieser Konstellation auch weiterhin, beziehungsweit erneut Kindergeld gezahlt werden muss. Das entschied der Bundesfinanzhof (BFH) im Oktober 2019.
Nach dem Abschluss seiner Banklehre wurde Sohn des Klägers 2014 von der Volksbank als Vollzeitbeschäftigter übernommen. Nach einer Informationsveranstaltung über ein Studium am Bankkolleg des Genossenschaftsverbandes mit dem Ziel des Abschlusses als Bankfachwirt, zeigte der Sohn großes Interesse, musste aber abwarten bis seitens des Bildungsträgers entschieden wurde, ob und wann der Studiengang startreif sei. Der Beginn verzögerte sich dann jedoch auf längere Zeit.
Erst nach mehr als einem Jahr wurde deutlich, dass der Online-Studiengang Betriebswirtschaftslehre tatsächlich angeboten wurde. Der Sohn nahm dann auch Ende 2015 das Studium auf, hatte aber bis dahin normal bei der Bank weiter gearbeitet. Im August 2017 beantragte der Kläger unter Hinweis auf das im September 2015 aufgenommene Studium erneut Kindergeld.
Die Familienkasse lehnte diesen Antrag ab , worauf es zur Klage beim Finanzgericht kam, das zunächst im Sinne der Familienkasse entschied. Nach dem Urteil des BFH liegt der Fall aktuell nun zur Revision bei Finanzgericht. Erforderlich, aber auch ausreichend für eine Zusammenfassung zweier Ausbildungsabschnitte sei es nämlich, so die Begründung, dass diese zeitlich und inhaltlich aufeinander abgestimmt sind und nach dem Ende des ersten Abschnitts aufgrund objektiver Beweisanzeichen (dokumentiertes Interesse des Sohns) feststehe, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll. Hiermit lag der erforderliche enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Banklehre und dem Betriebswirtschaftsstudium vor.
Der erforderliche enge sachliche Zusammenhang zwischen der Ausbildung zum Bankkaufmann und dem Betriebswirtschaftsstudium sei ebenfalls vorhanden, so der BFH. Auch führe die Umorientierung des Sohns nicht zu der Annahme einer mehraktigen Ausbildung. Wird der sachliche Zusammenhang gewahrt, so ist eine Umorientierung unverfänglich.
Darüber hinaus sei von Bedeutung, dass der Sohn des Klägers mit der in Vollzeit aufgenommenen Berufstätigkeit bei der Volksbank bereits die durch den ersten Abschluss erlangte Qualifikation nutze, um eine sich dadurch eröffnende Berufstätigkeit auszuüben. Nimmt eine Person dagegen eine Berufstätigkeit auf, die auch ohne den erlangten Abschluss möglich wäre, oder handelt es sich bei der Erwerbstätigkeit um keine dauerhafte Berufstätigkeit, so gilt das nicht als Zusammenhang.
In der Revision beim Finanzgericht wird vor allem zu entscheiden sein, ob das Studium eher dem Beschäftigungsverhältnis untergeordnet war – oder umgekehrt das Beschäftigungsverhältnis dem Studium.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.10.2019; AZ – III R 14/18 –
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