Beiträge zur Rentenversicherung werden aus versteuertem Einkommen bezahlt – und spätere Rentenbezüge sind ebenfalls zu versteuern – genau dazu soll der Bundesfinanzhof (BFH) noch 2020 eine Entscheidung treffen. Seit dem Jahr 2005 gilt die sogenannte nachgelagerte Rentenbesteuerung. Welcher Anteil der Rente besteuert wird, hängt vom Jahr des Rentenbeginns ab. Bei Rentnern, die 2005 oder vorher in Rente gegangen sind, sind 50 Prozent der Bezüge steuerpflichtig. Der steuerfreie Anteil der Rente schrumpft über die Jahre. Ab 2040 sollen dann die gesetzlichen Renten komplett besteuert werden. Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, sollen Arbeitnehmer im Laufe der Jahre immer höher steigende Anteile ihrer Zahlungen zur Altersvorsorge steuerlich absetzen können.
An dieser Regelung hatte es schon in der Vergangenheit mehrfach Kritik gegeben. So hatte etwa Egmont Kulosa, Richter am Bundesfinanzhof, 2019 in einem Beitrag daraufhin gewiesen, dass es „keiner komplizierten mathematischen Übungen, um bei Angehörigen der heute mittleren Generation, die um 2040 in den Rentenbezug eintreten werden, eine Zweifachbesteuerung nachzuweisen“ bedürfe. Demnach könne die Übergangslösung, die zur nachgelagerten Besteuerung der Renten führt, als „evidente Verfassungswidrigkeit“ eingestuft werden. Letztlich führe die klare Doppelbesteuerung der Renten zu einer unverhältnismäßigen Belastung kleiner und mittlerer Einkommen.
Derzeit wird Einkommensteuer erst dann fällig, wenn die Gesamteinkünfte eines Rentners über dem Grundfreibetrag (9.168 Euro und 18.336 Euro für Verheiratete) liegen. Im Jahr 2019 galt das für immerhin 4,4 Millionen Ruheständler. Deren Steuerzahlungen spülen dem Staat damit mehrere Dutzend Milliarden Euro in die Kassen. Dabei wirkt ein doppelter Mechanismus – wie schon beschrieben: Nicht allein die Höhe der Rente ist entscheidend für die Steuerzahlung. Daneben spielt eine wichtige Rolle, wann die Rentner in Ruhestand gegangen sind. Denn nach dem Jahr bemisst sich der Anteil an der Rente, der steuerpflichtig ist. Derzeit liegt der Satz bei 80 Prozent.
Das Bundesfinanzministerium ist dem Verfahren jetzt als dritte Partei beigetreten, was für Experten darauf hinweist, dass es sich um eine wichtige Angelegenheit mit großer finanzieller Tragweite handelt. Eine Entscheidung über die Regelung könnte nun zeitnah erfolgen. Laut Bundesfinanzhof sollen die Richter noch in diesem Jahr über die umstrittene Rentenbesteuerung entscheiden. Das bestätigte auch deren Sprecher Volker Pfirrmann auf eine Nachfrage der „Süddeutschen Zeitung“.
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