In einem früheren Urteil vom Dezember 2016 hatte der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Zahlungen, die an einen Unternehmer von dessen Wettbewerbern aufgrund von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen geleistet würden, umsatzsteuerrechtlich als Entgelt (als umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch) zu qualifizieren seien. Ein nicht steuerbarer Schadensersatz läge nicht vor.
Mit einem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom Oktober 2021 hat nun die Finanzverwaltung zu den umsatzsteuerlichen Auswirkungen von Abmahnungen bei Urheberrechtsverletzungen und bei unlauteren Wettbewerbshandlungen Stellung genommen. Die Grundsätze des BMF-Schreibens seien in allen offenen Fällen anzuwenden. Die Finanzverwaltung beanstandet jedoch nicht, wenn die Beteiligten bei der Zahlung für vor dem 1.11.2021 durchgeführte Abmahnleistungen übereinstimmend – also auch hinsichtlich eines Vorsteuerabzugs beim Abgemahnten – von einem nicht steuerpflichtigen Entgelt ausgehen.
Mit Urteil vom Februar 2019 hatte der BFH entschieden, dass Zahlungen, die an einen Unternehmer aufgrund von urheberrechtlichen Abmahnungen zur Durchsetzung seines Unterlassungsanspruchs geleistet werden, umsatzsteuerrechtlich als Entgelt im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Unternehmer und dem von ihm abgemahnten Rechtsverletzer zu qualifizieren seien.
Die Argumentationkette ist nachvollziehbar, denn zwischen dem gezahlten Entgelt und der Abmahnleistung besteht ein unmittelbarer Zusammenhang. Aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht sei auch eine mögliche Ungewissheit einer Zahlung nicht geeignet, den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der vom Leistenden erbrachten Leistung und der erhaltenen Zahlung aufzuheben. Unerheblich sei dabei auch, auf welche nationale zivilrechtliche Grundlage der Zahlungsanspruch gestützt werde.
Der BFH vertritt die Auffassung, dass der abmahnende Unternehmer gegenüber dem Abgemahnten eine steuerbare Leistung erbringe. Alle Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt unterliegen halt der Umsatzsteuer. Wobei das Entgelt hier im Aufwendungsersatz liege. Die Leistung bestehe auch letztlich darin, dass der Abmahnende dem Abgemahnten einen Weg weise, den Abmahnenden ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen. Dem Abgemahnten werde damit ein konkreter Vorteil eingeräumt, mit dem für den Abmahnenden ein Zahlungsanspruch verbunden sei.
Die Finanzverwaltung folgt dieser Rechtsprechung und nimmt denn auch im Rahmen des Erlasses ausführlich Stellung zur Leistung, zum Zeitpunkt der Leistung, zur Bemessungsgrundlage, zum Steuersatz, zum unberechtigten Steuerausweis sowie zu Billigkeitsmaßnahmen aufgrund der Corona-Pandemie.
BMF-Schreiben v. 1.10.2021; AZ – III C 2 – S 7100/19/10001 :006; DOK 2021/0998752
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